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Leseproben

100 km Passatore

Beim ersten Vogelgezwitscher in der Vordämmerung so gegen 4.00 Uhr werde ich wieder glockenwach und mir geht es wunderbar… weniger als 25 Kilometer sind noch zu laufen. Ich bin mir sicher, das Rennen in Faenza völlig unproblematisch zu Ende bringen zu können. An einer Verpflegungsstelle gieße ich mir roten Traubensaft, wie ich meine, in einen Plastikbecher, voll bis an den Rand, und leere ihn mit einem Zug. Ein brennendes Gefühl in der Speiseröhre und im Magen belehrt mich eines besseren. Es war Rotwein…., den mein Körper jetzt bei ca. 90 km als Gift identifiziert….

Eine Zeitlang trage ich das mulmige Gefühl in mir, dass der vino rosso meinen Körper Richtung Mund wieder verlassen will. Doch so nach ca. einer Viertelstunde bin ich sicher, dass mein Organismus auch dieses von mir normalerweise nicht verschmähte Getränk auf natürliche Art und Weise verstoffwechseln wird [...]

Hurra, jetzt kann ich einige zig Meter vor mir das Hinweisschild mit km 99 erkennen. Eine Fußgängerin kommt mir entgegen. Es ist eine hoch gewachsene Nonne in den Vierzigern. Sie bleibt stehen und applaudiert Hände klatschend und Bravo rufend. Hochgradig emotionalisiert halte ich inne, umarme sie, drücke sie ganz fest und gebe ihr Küsse auf beide Wangen… Und ich glaube zu verspüren, dass ihr das alles andere als unangenehm ist. Der Emotionsgaul ist mal wieder mit mir durchgegangen [...]

An Arkaden vorbei geht es zum Marktplatz in der Altstadt, wo sich ein Podest befindet und davor wie üblich ein Zieltriumphbogen aus Gummi und Luft. Nur ganz wenige Leute sind wegen der frühen Morgenstunden da, ich höre meinen Namen durch den Lautsprecher, werde auf Italienisch als „Sieger“ willkommen geheißen und tief greifende Glücksgefühle sind in mir…. Und werden auch nach vielen Stunden noch in mir sein….

 




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